Medizinisches Cannabis
Das Hanfgewächs Cannabis ist sehr vielseitig und jede Facette wird vielseitig betrachtet.
Besonders virulent sind Diskussionen um den medizinischen Nutzen dieser Pflanze. Häufig sind solche Diskussionen von voreingenommenen Standpunkten geprägt und enden dort wo sie begonnen haben. In solchen Fällen wünscht man sich oft einen objektiven Schiedsrichter der, wie in einem Boxkampf, die Punkte zählt und einen Gewinner kürt. Ein Experte müsste er sein und Falkenaugen müsste er haben. Doch gibt es ihn überhaupt? Das Bundesministerium für Gesundheit stellte sich dieselbe Frage und die Antwort lautet: ja – der Schiedsrichter ist die Wissenschaft!
Die Ludwig-Maximilians-Universität (kurz: LMU) München zählt zu den Top-Universitäten in Europa. Sie erhielt vom Bundesministerium den Auftrag die Forschungslandschaft um Cannabis aufzuräumen. Also bildete die LMU eine Forschergruppe welche, gemeinsam mit 30 nationalen und internationalen Experten, über 2.000 Studien der letzten 10 Jahre auswertete. Die Ergebnisse der sogenannten CaPRis-Studie sind hier zusammenfasst. Man kann davon ausgehen, dass die Wissenschaftler klasse Arbeit geleistet haben und der Objektivität oberste Priorität zugeschrieben haben. Jedoch sollte einem bewusst sein, dass diese objektive Arbeit kein objektives Ziel hat, denn, „mit dieser Studie sollte der aktuelle wissenschaftliche Kenntnisstand zu den Risiken des Cannabis- Freizeitkonsums und zu dem Potential von Cannabisarzneimitteln wissenschaftlich analysiert und dargestellt werden.“. Ich betone: Risiken von Freizeitkonsum und Potential von Arzneimitteln. Der Auftraggeber ist also gegen Freizeitkonsum, aber hat kein Problem mit Cannabis als Arzneimittel. Wie auch sollte man heutzutage noch etwas gegen Cannabis als Arzneimittel haben? Cannabis ist gegenwärtig nicht mehr aus großen Bereichen der medizinischen Versorgung wegzudenken. Die wissenschaftliche Evidenzlage zum medizinischen Nutzen von Cannabis ist ebenso erdrückend wie die positiven Erfahrungen von praktizierenden Ärzten. Hierüber wird auch in den Massenmedien ausgiebig berichtet. Rein politisch wäre es also äußerst ungeschickt sich gegen Arzneimittel aus Cannabis zu positionieren. Und man darf nicht vergessen, dass das auftraggebende Bundesministerium eine behördliche Institution ist und somit politisch gesteuert wird. Auch wenn die jetzige Regierung die wissenschaftlichen Erkenntnisse würdigt und das Ziel eines kontrollierten Marktes formuliert hat, bleibt es dennoch schwer, das Stigma, das Cannabis anhaftet, auch in den eigenen Reihen zu überwinden. Es bleibt ungewiss wie lange sie dem zunehmenden Druck Wissenschaft un der Öffentlichkeit standhalten. Ein politischer Diskurs sei hier vermieden, weswegen wir uns nachfolgend auf die medizinische Versorgung mit Cannabis konzentrieren.
Cannabis verordnen
In einem Punkt ist man sich einig: wer krank ist und Arzneimittel braucht, soll sie bekommen. Und derjenige der dies entscheidet ist kein anderer als unser Hausarzt neben an – Fachärzte oft noch besser, Hauptsache kassenärztlich zugelassen. Der Arzt muss es nur richtig verordnen. Problematisch ist jedoch, dass die ganze Cannabis-Verordnungs-Geschichte für viele Ärzte noch recht neu ist. Unsichere Ärzte haben oft Angst falsch zu verordnen, denn dann bleiben sie unter Umständen nicht nur auf den Kosten sitzen, sondern kriegen auch noch eine von ihrer kassenärztlichen Vereinigung auf den Latz. Jeder Arzt ist der Vereinigung seines Bundeslandes zugeordnet. Sie sind Institutionen die ihre Ärzte überwachen, aber auch vertreten und unterstützen. Auf Bundesebene werden sie wiederum von der kassenärztlichen Bundesvereinigung vertreten. Sie informiert auf ihrer Website darüber, wie man Cannabis richtig verordnet. Hierin ist unter Anderem geschildert, dass Cannabis offiziell ein Betäubungsmittel ist und daher erstmal von der Krankenkasse genehmigt werden muss. Der Antrag ist an keine Form gebunden und sollte idealerweise mit dem Arzt gestellt werden. Da die Wissenschaft zur Pharmakokinetik von Cannabis noch recht neu ist, kann es nicht schaden unwissenden Ärzten Evidenz vorzulegen und z. B. die oben erläuterte CaPRis-Studie zur Hand zu haben. Wichtig ist hierbei der Bezug zur Krankheit unter der man leidet. Ebenso wichtig ist, dass
„1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
- nicht zur Verfügung steht oder
- im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung des Arztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes des Patienten nicht angewendet werden kann,
- eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.“.
Ganz schön kompliziert. Soll man mit dem Arzt einen Aufsatz schreiben? Könnte man. Im Netz lassen sich jedoch Vordrucke finden, welche die Antragstellung wesentlich erleichtern können. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass es sich hierbei nicht um amtliche Dokumente handelt, sondern beispielsweise Hilfestellungen von Selbsthilfenetzwerken sein können.